«Urban» ist eine Gruppe von Werken, die sich mit Architektur und Raum auseinandersetzt. Ein Teil der Inspiration basiert auf Fotos aus Tokio und Osaka. Die zwei pulsierenden japanischen Metropolen sind voller aufeinanderprallender Gegensätze. Hypermoderne Hochhäuser mit Glasfassaden treffen auf Betonlandschaften mehrstöckiger Strassen und bilden mit ihrer städtebaulichen Dichte eine einzigartige Ästhetik voller Widersprüchlichkeiten.
Mich interessiert es, dieses ambivalente, grossstädtische Formenvokabular mit den typisch philosophisch-japanischen Eigenschaften wie Stille, Essenz und Radikalität zu verbinden und daraus keramische Arbeiten zu entwickeln.
Ausgehend von unterschiedlichen industriellen Gebrauchsmaterialien wie Rohre, Gummi, Wellblech und Keramikkacheln baue ich Strukturen, die sowohl eine Funktion als Vase oder Schale wie auch als Architekturmodell haben können. In Porzellan abgegossen entstehen daraus skulpturale Objekte, deren Oberfläche in einem weiteren Schritt farblich verändert werden kann. Bei der vasenartigen Form etwa werden durch Orange die vertikalen Relieflinien als Struktur hervorgehoben und so Assoziationen an die horizontale Gliederung von Hochhausfassaden hervorgerufen. In der Ausstellung entsteht beim Blick aus dem Fenster dadurch ein interessanter Dialog zwischen dem Hochhaus ausserhalb des Museums und der hybriden keramischen Form.
Die skulpturalen Porzellanobjekte werden im Raum so inszeniert, dass sie mit den mitausgestellten Ausgangsmaterialien, farbig gespritztes Wellblech und Wandkacheln, in einen Dialog treten. Einzelne Objekte spiegeln sich sogar in einer lackierten Fläche. Die vertrauten Grössenverhältnisse geraten deshalb in eine Art Schwebezustand, so dass sich der Maassstab der Objekte in der Wahrnehmung verändert. So tauchen sowohl Assoziationen an Grossstadtsilouetten und Erinnerungen an Strukturen und Farben moderner Städte auf, wie an Objekte des Alltags.
Margareta Daepp